Der Kampfschrei (Kihap)

Kleine Kinder schreien, wenn Ihnen etwas nicht passt. Und das ist gut so, denn sprechen können sie ja noch nicht! Sobald sie aber sprechen gelernt haben, hören sie, dass man nicht schreien soll, weil sich das nicht gehört. Also gewöhnt man sich das Schreien eben ab. Als Erwachsener besucht man dann vielleicht einen Tae-Kwon-Do Kurs und was hört man vom Lehrer: Man soll bei jeder Technik schreien! Warum soll ich jetzt plötzlich wieder schreien? Haben Sie sich das auch schon gefragt? Ich werde versuchen, diese Frage hier zu beantworten:

Der Schrei, koreanisch Kihap, hat in der Kampfkunst eine ganz besondere Bedeutung und entsteht bei korrekter Ausführung einer Technik auf ganz natürlichem Wege. Durch das Ausatmen während der Durchführung und durch das feste Anspannen des Körpers am Ende einer Technik wird etwas Atemluft aus dem Bauchraum herausgepresst, der über die Stimmbänder zu einem Schrei führt. Das alleine macht den Schrei aber noch nicht zum Kihap.

Die Qualität eines Kihaps wird nicht durch seine Lautstärke, sondern durch seine Energie (Ki) bestimmt, die in ihm steckt. Diese Energie kommt aus dem Dantian [Dan-tien], nicht aus den Stimmbändern. Denken Sie an das Brüllen eines Löwen. Nicht die Lautstärke, sondern die geballte Energie, die in diesem Brüllen steckt, macht es für seine Feinde dermaßen furchteinflössend.

Das ist die eigentliche Bedeutung des Kihaps – alle Energie wird durch den Schrei gezielt in der Körperwaffe (Hand, Fuß, …) fokussiert. Dadurch wird die Technik um ein Vielfaches verstärkt und wir schützen uns gleichzeitig auch vor Verletzungen.

Für den Anfänger ist der Kihap zunächst aber ein Mittel zum Erlernen der korrekten Atmung und Technik, wandelt sich aber im Laufe der Zeit zu einem persönlichen Ausdruck der Lenkung des Ki. Das bedeutet aber auch, dass der Kihap bei jedem Kampfkünstler individuell verschieden ist.

Zusammengefasst finden Sie untenstehend einige Funktionen des Kihaps in der Kampfkunst:

  • Erlernen der richtigen Atmung für den Anfänger
  • Erhöhung der Körperspannung zum Zeitpunkt des Kontaktes mit dem Gegner
  • Schutz des eigenen Körpers (z.B. gegen Kontertechniken) durch Anspannen der Muskulatur
  • Kommunikation mit dem Partner während des Trainings
  • Einschüchterung und Verwirrung des Gegners
  • Konzentriertes Ausführen der Technik
  • Ausgeführte Techniken werden wesentlich stärker
  • Schutz vor Verletzungen bei der Ausführung von Techniken